Unternehmertum, Fachwissen und Weitblick. Damit hat sich das Produktentwicklungsbüro PEZY in den letzten dreißig Jahren zum Innovationspartner für Marken wie Philips und Nivea entwickelt. Gründer Henco Pezij, ein engagierter Unternehmer, der Chancen sieht und nutzt, schaut dabei gerne über den Tellerrand hinaus.
Ein aktuelles Beispiel ist die Übernahme von O4 Wheelchairs, einem Hersteller hochwertiger Rollstühle. „Ja, da kommt kaum Kunststoff zum Einsatz", sagt Henco Pezij in unserem Gespräch mit Standortleiter Jan-Paul van der Voet am brandneuen Standort in Groningen. „Wir sehen den Gesundheitssektor als einen wichtigen Wachstumsmarkt. O4 hat ein einzigartiges Produkt, das vollständig im eigenen Haus konzipiert, entworfen, entwickelt, produziert und auf den Markt gebracht wurde. Durch diesen Schritt verfügen wir nun über ein Unternehmen mit bewährter Expertise in der Metallverarbeitung und einer bestehenden Position im Gesundheitsmarkt."
Henco Pezij wuchs in Roden auf, studierte Maschinenbau in Enschede und begann vor dreißig Jahren als Ingenieur in Groningen. „Wir begannen mit einem Schreibtisch und ein paar Computern. Aber uns wurde schnell klar: Wenn man ein Produkt wirklich gut machen will, muss man es auch selbst herstellen können. Also kauften wir eine Spritzgussmaschine und begannen mit der Entwicklung von Formen. Damit schlossen wir den Lernzyklus. Mittlerweile decken wir den gesamten Prozess ab, von der Idee bis zum industriell herstellbaren Produkt."
Eine zentrale Rolle in diesem Prozess spielt die Pilotfabrik. Hier stehen nicht nur zwei Spritzgießmaschinen (Demag, 50 und 100 Tonnen), sondern auch eine vollwertige Formenbauwerkstatt, das Kunststofflabor und ein umfangreiches Materiallager. Das Labor führt unter anderem Tests zu Zugfestigkeit, Schlagfestigkeit, Schrumpfung, Textur und Mouldflow durch. Außerdem gibt es einen industriellen 3D-Drucker für schnelle Iterationen und eine Blasformmaschine für Prototypen.
„Dank fundierter Kenntnisse über die „Backend"-Aspekte der Produktentwicklung weiß PEZY genau, was technisch und wirtschaftlich machbar ist, auch bei größeren Stückzahlen. Das hilft uns, robuste Designs zu entwickeln, sodass ein Produkt nicht nur funktioniert, sondern auch eine gleichbleibend hohe Qualität auf dem Markt aufweist", sagt Pezij. Van der Voet ergänzt: „Wenn man als Designer direkt mit einem Hersteller zusammenarbeitet, bekommt man das, was dieser Hersteller herstellen kann, nicht unbedingt das, was für das Produkt am besten ist. Wir entwerfen unabhängig von Produktionsinteressen und suchen für jedes Projekt nach der optimalen Lösung. Erst danach suchen wir den richtigen Produktionspartner."

Eindhoven, Houten und Singapur
In Groningen sind derzeit 35 Mitarbeiter beschäftigt. Darüber hinaus unterhält PEZY Niederlassungen in Eindhoven (2006) und Houten (2008) sowie seit 2012 einen internationalen Hub in Singapur. Pezij: „Während meines MBA-Studiums im Jahr 2008 sah ich die Niederlande plötzlich aus der Distanz als einen kleinen, gut vernetzten Akteur auf einem globalen Markt. Viele unserer Kunden hatten damals bereits eine internationale Lieferkette und arbeiteten mit asiatischen Partnern zusammen. Wir wollten ihnen dabei helfen, ihre Produktion in Ländern wie Malaysia und Indonesien gut unterzubringen, und entschieden uns daher für eine Niederlassung in Singapur."
„Wenn man ein Produkt wirklich gut machen will, muss man es auch selbst herstellen können."
Singapur fungiert als strategischer Knotenpunkt für die Zusammenarbeit mit Zulieferern und als Brücke zu Partnern in der Region. „Wir beziehen dort viele Formen und unterhalten verschiedene langfristige Kooperationen mit Herstellern von technischen Kunststoffen."
Funktionsentwicklung
Van der Voet: „Unsere Auftraggeber verfügen oft selbst über viel Wissen, aber wir bringen etwas mit, was sowohl sie als auch viele Hersteller in Südostasien weniger gut bieten können: hochwertige Funktionsentwicklung. Der niederländische Entwicklungsprozess ist strukturiert, iterativ und stark auf die Integration von Design und Technik ausgerichtet, ein Ansatz, der international noch nicht überall etabliert ist.
Große Organisationen stoßen manchmal an ihre eigenen Grenzen hinsichtlich Größe und Komplexität, was eine schnelle und tiefgreifende Entwicklung auf funktionaler Ebene erschwert. Wir sind genau darauf ausgerichtet, in diesem Bereich flexibel und effektiv zu agieren. Und obwohl andere Regionen sich in dieser Hinsicht schnell entwickeln, haben wir in diesem Bereich immer noch einen Vorsprung, den wir gerne für unsere Kunden nutzen.
KI
Um den Vorsprung im Bereich der Produktentwicklung zu halten, wird auf verschiedenen Gebieten mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) experimentiert. Pezij: „Das geschieht derzeit noch recht informell. Jeder im Team erkundet auf seine eigene Weise, was für seine Arbeit relevant ist. Aber ich bin überzeugt, dass der Zugang zu KI und deren intelligenter Einsatz bald entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sein werden." Vor allem im Designprozess sieht er großes Potenzial: „Die Kontrolle muss immer beim Menschen bleiben. Aber beispielsweise bei CAD-Arbeiten gibt es enorme Gewinne zu erzielen."
„Ich bin überzeugt, dass der Zugang zu KI und deren intelligenter Einsatz bald entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sein werden."
Jede kleine Änderung an einem Entwurf erfordert Dutzende von Arbeitsschritten. Wenn man dies teilweise automatisieren kann, arbeitet man nicht nur schneller, sondern auch konsistenter. Und KI kann gerade bei der Entwicklung dieser intelligenten Design-Software helfen.
Henco Pezij betont, dass es für ein Unternehmen unerlässlich ist, sich ständig weiterzuentwickeln: „Man passt sich automatisch an bestehende Kunden an, weil sich deren Bedürfnisse ändern. Wenn man jedoch auch neue Kunden gewinnen möchte, muss man vorausschauend handeln und zukünftige Anforderungen antizipieren. Technologien wie KI helfen uns dabei."
Zirkuläres Denken
Obwohl die Kunststoffindustrie in den Niederlanden seit Jahrzehnten mit einer strukturellen Verlagerung der Produktion ins Ausland zu kämpfen hat, sieht Henco Pezij Chancen, indem er sich auf intelligente, zukunftssichere Lösungen konzentriert. Der Kernpunkt ist: Kunststoff an sich ist in den Niederlanden kein Wachstumsmarkt mehr. Was jedoch wächst, ist der Bedarf an intelligenteren, nachhaltigeren Anwendungen. Hier können wir den Unterschied machen, indem wir im Voraus gut darüber nachdenken, was wirklich notwendig ist und was verbessert werden kann.
„Als Michael Braungart 2010 Cradle-to-Cradle (C2C) bekannt machte, haben wir diese Entwicklung sofort ernst genommen. Wir haben Schulungen absolviert, sind akkreditiert worden und arbeiten seitdem aktiv mit den Prinzipien des zirkulären Designs." Diese frühe Investition zahlt sich nun aus: „Der Wandel vollzieht sich langsam, ist aber deutlich spürbar. In den letzten fünf Jahren ist die Nachfrage von Kunden, Verbrauchern und, was sehr wichtig ist, von Vermarktern gestiegen. Nachhaltigkeit ist nicht länger ein abstraktes Ideal, sondern ein konkreter Bestandteil der Produktentwicklung geworden."
Design für Recycling und Rezyklat
Die Nachfrage nach Produktentwicklungen aus recycelten Materialien wächst weltweit, unter anderem bei großen Marken, die bestehende Produkte nachhaltiger gestalten möchten. Auch Design for Recycling ist ein Thema, mit dem sich immer mehr Unternehmen beschäftigen möchten. „Wir beobachten, dass multinationale Unternehmen weltweit auf der Suche nach fundiertem Wissen über Rezyklate und zirkuläres Design sind", erklärt Pezij. „Wir haben uns in den letzten Jahren stark auf dieses Thema konzentriert und kennen das gesamte Spielfeld: von Materialeigenschaften und Verarbeitung bis hin zu Zusammenarbeit in der Lieferkette und Vorschriften."
PEZY ist beispielsweise an verschiedenen EU-Konsortien beteiligt, darunter PolyCE. Aus diesem Projekt heraus haben die Mitarbeiter Thijs Feenstra und Joop Onnekink die Initiative für das Buch „Design for & from Recycling" ergriffen, einen praktischen Leitfaden für zirkuläres Produktdesign. Derzeit arbeiten sie an einer Fortsetzung: INCREACE, einem praktischen Recycling-Bewertungstool, ebenfalls in Buchform, das diesen Sommer erscheinen wird. „Das Ziel ist es, Unternehmen dabei zu helfen, besser zu beurteilen, wie recycelbar ihre Produkte sind und wie sie dies verbessern können."

Designed & built
for life
Zirkularität ist längst keine Option mehr. Nachhaltige Entwicklung erfordert kluge Entscheidungen bei Design, Materialien und der gesamten Kette. Wie Sie das praktisch anwenden können, lesen Sie in unserem E-Book Design for and Design from Recycling. Laden Sie es kostenlos herunter und entdecken Sie, wie Sie selbst etwas bewirken können.
Sicherheit und giftige Stoffe
Toxische Stoffe sind ein zunehmend wichtiger Aspekt in der Recyclingindustrie. Insbesondere bei der Wiederverwendung von Materialien ist es entscheidend, deren chemische Zusammensetzung und Sicherheit zu kennen. „Als Entwicklungspartner möchten wir den gesamten Kreislauf gut kontrollieren, von der Materialauswahl bis zur sicheren Wiederverwendung", sagt Pezij. „Deshalb arbeiten wir eng mit Lieferanten und Materialspezialisten zusammen, um zu verstehen, was genau in Recyclaten enthalten ist und wie wir mögliche Risiken vermeiden können."
„Kunststoff ist in den Niederlanden kein Wachstumsmarkt. Was jedoch wächst, ist der Bedarf an intelligenteren, nachhaltigeren Anwendungen."
Das ist vor allem in Branchen mit hohen Sicherheitsanforderungen wichtig, wie beispielsweise dem Health-Tech- und Care-Markt für PEZY. Hier arbeitet die Agentur mit Partnern an Produkten, bei denen Zuverlässigkeit und Materialsicherheit von entscheidender Bedeutung sind.
Gleichzeitig sieht Pezij auch Chancen in anderen Märkten: „Bei Konsumgütern erwarten wir ein etwas flacheres Wachstum, aber bei schnelllebigen Konsumgütern wie Spendern und komplexen Verpackungssystemen steigt die Nachfrage weiter an. Gerade dort können wir Rezyklate gut einsetzen, sofern wir die Sicherheit vollständig gewährleisten können."
Beispiele für unsere entwickelten Produkte
PEZY entwickelt innovative Produkte für eine Vielzahl von Märkten, von Verbraucherprodukten bis hin zu medizinischen Geräten.
Scale-ups
Scale-ups sind eine wichtige Zielgruppe für PEZY. Die Agentur investiert aktiv in Kooperationen mit jungen, schnell wachsenden Unternehmen und begleitet sie bei der gemeinsamen Entwicklung von der Idee bis zum serienreifen Entwurf. Pezij: „Wir arbeiten gerne mit Unternehmern zusammen, die wirklich etwas Neues schaffen wollen. Oft helfen wir schon ab der ersten Skizze oder der ersten Idee und entwickeln gemeinsam ein skalierbares, realisierbares Produkt."
Je früher ein Scale-up anklopft, desto besser: „Manchmal kommt jemand mit einem 3D-gedruckten Prototyp herein, aber wenn dieses Design nicht für das Spritzgießen geeignet ist, muss es größtenteils neu entwickelt werden. Das ist natürlich eine Verschwendung von Zeit und Geld. Deshalb ist eine frühzeitige Abstimmung entscheidend."
Die Zukunft
PEZY hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer Agentur entwickelt, die die gesamte Kette von der Idee bis zum Produkt beherrscht. Diese Entwicklung erforderte Zeit und sorgfältigen Aufbau. Danach folgte der internationale Schritt nach Asien. Und obwohl sich die Welt seitdem regelmäßig verändert hat – man denke nur an Corona, geopolitische Verschiebungen und verändertes Kundenverhalten –, denkt die Agentur weiterhin voraus und antizipiert Entwicklungen.
„Man kann nicht alles vorhersehen, aber man muss bereit sein zu handeln", so Pezij. Derzeit konzentriert er sich auf den nächsten großen Schritt: eine Vergrößerung von 70 auf 120 Mitarbeiter. „Ein solcher Sprung erfordert eine grundlegend andere Art der Organisation. Man möchte die Schlagkraft bewahren und gleichzeitig die Struktur professionalisieren." PEZY möchte weiterhin schlank arbeiten, gerade weil viele Kunden bewusst auf die Schnelligkeit und Flexibilität des Büros setzen. „Wir liefern oft innerhalb weniger Tage eine Form. Diese Flexibilität ist ein wichtiger Teil unseres Angebots", so Pezij. Gleichzeitig bringt Wachstum Skaleneffekte mit sich. „Overheadkosten wie IT werden erst rentabel, wenn man weiter wächst. Man muss also kluge Entscheidungen treffen."
Die internationale Dynamik bleibt dabei ein Faktor. Kunden arbeiten zunehmend mit Produktionspartnern in Niedriglohnländern zusammen. Um relevant zu bleiben, konzentriert sich PEZY auf technische Tiefe und Innovation. Eine vollständige Verlagerung ins Ausland hält PEZY jedoch nicht für wünschenswert. „Wir glauben an lokale Eigenverantwortung. Jeder Standort muss selbstständig einen Mehrwert schaffen, für den Kunden und für die Menschen, die dort arbeiten. Die Steuerung erfolgt immer inhaltlich, von den Niederlanden aus. Nur so bleibt die Organisation stark und flexibel."
Intelligente Entkopplung in der Lieferkette
Wenn Sie Teile des Entwicklungsprozesses auslagern möchten, müssen Sie den richtigen Zeitpunkt wählen. Laut Henco Pezij gibt es drei logische „Entkopplungsmomente":
- Nach der Ideenentwicklung, wenn die Richtung klar ist
- Nach dem Prototyp, wenn das Design fertig ist und das geistige Eigentum gesichert ist
- Nach der Konstruktion, wenn Sie Ihre Produktionspartner bei Formen und Werkzeugen unterstützen können
„Wenn man das sorgfältig macht, bleibt man als Entwicklungspartner wertvoll. Deshalb investieren wir strukturell in Wissen über Materialien, Prozesse und Kreislaufwirtschaft. Unsere Spezialisten arbeiten täglich mit Kunden und Lieferanten zusammen, um neue Materialien wie Rezyklate oder biobasierte Kunststoffe zu validieren. Denn deren Anwendung ist nie ein Standardprozess. Jede Innovation ist Maßarbeit. So verwandeln wir Ideen von nichts in etwas Wertvolles. Und bleiben relevant, auch in einer sich verändernden Welt."
„Kunststoff ist in den Niederlanden kein Wachstumsmarkt. Was jedoch wächst, ist der Bedarf an intelligenteren, nachhaltigeren Anwendungen"







